Dass Italien in seiner heutigen Form als eine Nation erst Mitte des 19.ten Jahrhundert zusammengefunden hat, merkt man an den unterschiedlichen Eigenheiten jeder der 20 politischen Regionen. In Triest bekommt der verwirrte Toscana-Freund auf seine Cappucino-Bestellung hin ein kleines Glas (bicchiere auf Italienisch, hier gerne als „bi“ abgekürzt) und im Kaffee schwimmt ein kleiner Klecks Milchschaum. Hier ist man an der „Cappucino Grenze“. Triest war ja für vier Jahrhunderte bis zum Ende des ersten Weltkriegs ein Teil der Habsburger K&K Monarchie. Danach wurde Triest italienisch und Italien bekam das, was es nicht brauchte – einen Hafen und Österreich wurde das genommen, was die Stadt über Jahrhunderte florieren ließ, ein Güterumschlagplatz am Meer, über den ein großer Teil seines Handels lief. Die Österreicher haben eben andere Kaffee-Sitten als die Italiener und so ist der Capo in Triest halt anders.
Interessanterweise befindet sich in Triest, wo man immer noch die Prunkbauten der Versicherungen und Reedereien der K&K Zeit bewundern kann, auch der Sitz einer der berühmtesten und hochwertigsten Kaffeemarken, Illycaffè. Dieser weltweit agierende Konzern wurde 1933 vom ungarisch stämmigen Kaffeehändler Francesco Illy gegründet. Noch interessanter sind die Parallelen in der Beschaffung und Produktion von Kaffee zu den Strukturen in Wein. Wichtig ist, dass jede Packung Illy Kaffee gleich schmecken sollte, genau wie eine globale Weinmarke. Und in Triest bekommt man Illy Kaffee nur als Espresso oder „capo in bi“.